Haus kaufen ohne Eigenkapital

Neben der Vollfinanzierung, unter der in der Regel eine Vollfinanzierung des Kaufpreises verstanden wird, wünschen sich manche Hausbesitzer in spe eine Immobilienfinanzierung inklusive Nebenkosten ganz ohne Eigenkapital.

Vollfinanzierungen dieser Art lassen diverse Fragen aufkommen: Ist ein Hauskauf auch ohne Eigenkapital möglich, welche Risiken sind damit verbunden, was spricht dafür, was dagegen, was muss beachtet werden und welche Auswirkungen hat die Finanzierung ohne Eigenkapital auf die Belastung?

Ist ein Hauskauf ohne Eigenkapital möglich?

Die Frage ist leicht beantwortet: Möglich ist fast alles. Das Ergebnis wäre allerdings eine Finanzierung in Höhe von mindesten 110 Prozent des Kaufpreises, denn dieser Betrag ist notwendig, wenn neben dem Kaufpreis auch sämtliche Nebenkosten in Form der

  • Grunderwerbsteuer, die je nach Bundesland zwischen 3,5 Prozent und 5,00 Prozent betragen kann,
  • der Notar- und Gerichtskosten von zusammen etwa 3,0 Prozent und der
  • möglichen Maklergebühr von mindestens 3,0 Prozent mitfinanziert werden müssen.

Bei entsprechender Bonität des Antragstellers sind manche Institute durchaus bereit, neben der Vollfinanzierung des Kaufpreises auch Kreditmittel zur Finanzierung der Nebenkosten bereit zu stellen. Sofern die wirtschaftliche Situation des Kreditnehmers eine so weit reichende Finanzierung zulässt, bestehen dagegen keine Einwände. Der Kreditnehmer lebt dann zwar mit dem Risiko, dass er bei einem Verkauf der Immobilie den Kredit nicht aus dem Kaufpreis zurückführen kann, da die Nebenkosten nicht werterhöhend wirken, doch ein eingesetztes Eigenkapital wäre in einer solchen Situation auch verloren. Gleiches gilt im Übrigen auch für mitfinanzierte, exklusive Sonderausstattungen in Form luxuriösen Bädern, besonders hochwertiger Bodenbeläge, teurer Einbauten und ähnlichen Besonderheiten. Bei all diesen individuellen Ausstattungsmerkmalen muss der Erwerber wissen, dass er die dafür entstehenden Kosten im Falle eines Wiederverkaufes mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht über einen entsprechend höheren Kaufpreis beim Hauskauf ohne Eigenkapital zurück erstattet bekommt.


Risiken einer Vollfinanzierung

Inhaltsverzeichnis
  • Risiken einer Vollfinanzierung
  • Steigende Zinsen
  • Steigende Immobilienpreise
  • Ausnahmen
  • Sparmassnahmen
  • Kapital
  • Eigenleistung
  • Verlust
  • Eine 100-Prozent-Finanzierung eines Hauskaufs muss sich der Erwerber demnach wirklich leisten können, das heißt, eine bei Verkauf der Immobilie verbleibende Lücke zum Immobiliendarlehen darf nicht zu einem existenzbedrohenden wirtschaftlichen Problem werden. Was geschieht, wenn sowohl der Käufer als auch seine Bank diesen Grundsatz verletzen, hat sich in den letzten Jahren mit desaströsen Folgen für Hausbesitzer und Banken auf dem Immobilienmarkt in den USA gezeigt.

    Aber auch in Deutschland haben Ende der achtziger, Anfang der neunziger Jahre des vorherigen Jahrhunderts neben den Hausbesitzern auch viele Banken zu spüren bekommen, wie gefährlich die Vollfinanzierung einer Immobilie werden kann: Alte, traditionsreiche Immobilienfinanzierer sind an den Folgen dieser großzügigen Finanzierungen beinahe zu Grunde gegangen und konnten sich in manchen Fällen nur dadurch retten, dass sie ihre Eigenständigkeit mit der Übernahme durch einen stärkeren Partner aufgegeben haben. Für die betroffenen Hausbesitzer gab es keine solche Lösung; vielen blieb wegen einer durch Vollfinanzierung einer Immobilie entstandenen Überschuldung der Weg zum Insolvenzrichter nicht erspart.


    Ein Grund für eine Vollfinanzierung eines Hauskaufes: Steigende Zinsen

    Wenn die Vollfinanzierungen, um die es in Deutschland viele Jahre sehr still geworden war, von immer mehr Instituten wieder angeboten werden, hat das zwei Gründe:

    • Historisch niedrige Zinsen
    • und eine zunehmende Inflationsgefahr.

    Im Zusammenhang mit der Wirtschafts- und Finanzkrise wurde nicht nur der europäische Leitzins zuletzt im 2014 auf ein historisch niedriges Niveau von unter einem Prozent gesenkt; dramatisch abgestürzte Aktienmärkte in aller Welt und das Misstrauen vieler Anleger in die zuvor so beliebten, weil hohe Renditen versprechenden Aktieninvestments ließen Anleger aus aller Welt in die festverzinslichen Anleihen der Staaten und der Banken flüchten.

    Dadurch verursachte rasante Kurssteigerungen, die bei Anleihe sinkende Renditen bedeuten, ließen die Refinanzierungskosten für Immobiliendarlehen zurück gehen und ermöglichten ein Zinsniveau, das seit Ende des Zweiten Weltkrieges in Deutschland nicht mehr gemessen worden war. Im Zuge der Europäischen Schuldenkrise haben die Zinsen für Immobiliendarlehen seit September 2010 zwar die Talsohle verlassen und ziehen seitdem kontinuierlich an, sind aber noch immer bei allen angeboten Laufzeiten sehr günstig.


    Ein weiterer Grund für eine Vollfinanzierung: Steigende Immobilienpreise

    Steigende Immobilienpreise

    Diese Tendenz wird noch verschärft, wenn die Immobilienpreise, wie es derzeit zu beobachten ist, ihr langjähriges relativ konstantes Niveau verlassen und aufgrund der Flucht mancher Kapitalanleger in das „Betongold“ deutlich ansteigen. Es bedarf nicht einmal einer Beispielrechnung, um zu erkennen, dass es wenig Sinn macht, im Laufe von zwei Jahren zehn Prozent Eigenkapital anzusammeln, wenn sich die Preise der Immobilie um mindestens fünf Prozent pro Jahr erhöhen.

    Eine Verteuerung dieser Größenordnung findet derzeit (März 2011) zwar noch nicht statt; der Verband Deutscher Pfandbriefanstalten, VDP, hatte für 2011 bei Einfamilienhäusern einen durchschnittlichen Preisanstieg von 2,1 Prozent festgestellt. Doch die Entwicklung kann regional sehr unterschiedlich sein und könnte sich zudem durch zunehmende Inflationsängste aufgrund der Europäischen Schuldenkrise sukzessive verschärfen.

    Argumente für den Eigenkapitaleinsatz beim Hauskauf

    Allgemein gültige Aussagen sind zwar auch zu einem anderen Aspekt nicht möglich, doch in fast allen Fällen dürfte dennoch gelten, dass der für die Bedienung der Immobilienfinanzierung aufzubringende Betrag die Höhe der bisherigen monatlichen Miete übersteigt. In den Fällen, in den das anders sein sollte, die bisherige Miete also den Finanzierungsbedarf pro Monat überschreitet, kann der Immobilienerwerber ohne Bedenken den Darlehensvertrag unterschreiben, hat er doch längst die Belastbarkeitsprüfung erfolgreich bestanden. Doch der Regelfall sieht anders aus. Jeder Hausbesitzer in spe sollte sich die Frage stellen, warum es ihm in der Vergangenheit nicht gelungen ist, Eigenkapital anzusparen.


    Ausnahmen: sicheres, hohes Gehalt

    Es gibt auch diesbezüglich wieder Ausnahmen, insbesondere bei jungen Immobilienkäufern, die erst seit kurzem ein ausreichendes Gehalt beziehen. Wer zu dieser Gruppe gehört, sollte sich dennoch sicher sein, dass seine berufliche Position krisensicher ist und dass er im Ernstfall auf Basis seiner Ausbildung und seiner Fähigkeiten bei einem anderen Arbeitgeber ein ähnlich hohes Gehalt beziehen könnte. Wer diese Frage positiv beantworten kann, kann mit guten Gewissen auch eine Vollfinanzierung in Anspruch nehmen. Er sollte allerdings an die Absicherung der Familie denken und eine Risiko-Lebensversicherung in Höhe der Finanzierung abschließen. Im Zweifel wird die finanzierende Bank diese Versicherung ohnehin zur Auflage machen.

    Die oft nachzulesenden Belastungsgrenzen sind bei sehr hohen Gehältern eher zu vernachlässigen: Warum sollte jemand, der ein Nettomonatsagehalt von beispielsweise 10.000€ bezieht, davon nicht 5.000€ in zur Bedienung der Finanzierung einsetzen? Doch die sich daraus ergebenden Quote von 50 Prozent wäre für einen Bezieher eines Nettogehaltes von 2.100€ nicht realistisch; für Durchschnittsverdiener gilt deshalb völlig zu recht, dass die Belastung bei maximal 30 Prozent des monatlichen Nettoeinkommens liegen sollte.

    Für Bezieher großer und kleiner Gehälter gilt gleichermaßen, dass in die Belastungsrechnung keine freiwilligen Zahlungen wie Tantiemen, Leistungsboni und ähnliches eingerechnet werden dürfen. Dass in jedem Fall nur ein nachhaltiges, konstant hohes Einkommen die Grundlage für die Belastungsrechnung sein darf, versteht sich von selbst.


    Notwendige Sparmaßnahmen während der Finanzierung

    Sparmaßnahmen bei Eigenfinanzierung

    Gefährlich wird eine hohe Finanzierung, wenn sie zu Sparmaßnahmen zwingt, die der Hausherr und/oder seine Familie vorher nicht erbringen konnten. In einem solchen Fall muss sich jeder Immobilienkäufer fragen, ob er und/oder seine Familie es tatsächlich durchhalten, für viele Jahre auf lieb gewordene Gewohnheiten wie den jährlichen Erst- oder Zweiturlaub Urlaub, kostspielige Freizeitaktivitäten, den Zweitwagen und andere, nicht zwingend notwendige Dinge zu verzichten. Hier ist der Häuslebauer im Vorteil, der über mehrere Jahre Eigenkapital angespart und damit den Beweis erbracht hat, dass er die finanziellen Verpflichtungen, die mit der Vollfinanzierung eines Hauses einhergehen, auch tatsächlich erfüllen kann.

    Vollfinanzierung eines Hauskaufes aus Rendite-Aspekten

    Grundsätzlich gilt, dass eine Finanzierung mit größer werdendem Beleihungsauslauf teurer wird. Dafür gibt es zwei Gründe:

    Zum einen müssen die finanzierenden Banken die Mittel tatsächlich zu unterschiedlichen Preisen refinanzieren, also einkaufen.

    • Während die Mittel für eine Finanzierung bis zu 60 Prozent des Beleihungswertes von vielen Instituten über den besonders günstigen, weil besonders sicheren Pfandbrief refinanziert werden können,
    • können über die 60-Prozent-Grenze hinausgehende Finanzierungsmittel nur durch Inhaberschuldverschreibungen refinanziert werden, für die Anleger eine höhere Rendite erwarten. Dementsprechend erhöht sich der Zinssatz für den Immobilienkredit mit hohem Beleihungsauslauf.

    Eigenkapital Erwartungen beim Hauskauf

    Darüber hinaus sind die Finanzinstitute durch Basel II (ab 2014 durch verschärfte Richtlinien nach Basel III) gezwungen, einen Kredit mit einem gewissen Anteil durch Eigenkapital zu unterlegen, dessen Quote sich mit zunehmendem Risiko erhöht. Für den Teil, der 60 Prozent des Verkehrswertes der Immobilie übersteigt, muss demnach mehr Eigenkapital aufgewendet werden als für den ersten Finanzierungsteil, der früher die erste Hypothek genannt wurde. Das Eigenkapital kostet Geld, da die Investoren eine angemessene Verzinsung erwarten; dementsprechend steigen mit der Beleihungsgrenze auch die Prozentpunkte, um die der Zinssatz aufgrund der Eigenkapitalunterlegung erhöht werden muss.

    Die Handhabung bei den Instituten ist unterschiedlich:

    • Manche reichen tatsächlich ein erstes, günstigeres und ein zweites, teueres Darlehen aus,
    • andere bieten ein Darlehen an, dessen Zinssatz gewichtet wurde.

    Die erste Form hat den Vorteil, dass das höher verzinsliche Darlehen mit einer höheren Tilgung versehen und schneller zurückgezahlt werden kann.

    Für einen privaten Hauserwerber macht es in der Regel keinen Sinn, vorhandene Barbeträge nicht zur Finanzierung einzusetzen, sondern die angebotene Finanzierung ohne Eigenkapital zu wählen. Gerade bei sehr guter Bonität, die auch aus ausreichend vorhandenem Vermögen bestehen kann, ist ein Angebot einer Bank zur Vollfinanzierung nicht selten.

    Wirtschaftlich sinnvoll ist eine Vollfinanzierung trotz ausreichend vorhandenem Eigenkapital nur dann, wenn durch die Kapitalanlage eine Rendite zu erreichen wäre, die den effektiven Jahreszins für das Immobiliendarlehen übersteigt.

    Eine solche Konstellation kann durch die unterschiedlichen Renditen für kurz- und langfristige Anlagen einmal auftreten, ist aber eher die Ausnahme. Von dieser Regel unberührt bleibt die Barreserve, die nach Möglichkeit in Höhe von drei Monatsnettomieten verfügbar bleiben sollte. Andernfalls könnte jede unberücksichtigte, aber notwendige Investition finanzielle Probleme bedeuten.

    Aus steuerlichen Erwägungen heraus ergeben sich aus der Vollfinanzierung keine Vorteile, denn anders als bei gewerblichen Finanzierungen sind die Zinsen aus der Finanzierung der privat genutzten Immobilien nicht steuerlich relevant.


    Eigenleistung statt Eigenkapital

    Eigenleistung statt Eigenkapital beim Hauskauf

    Eine besondere Betrachtung verdient die Eigenleistung des Bauherren, durch die sich die Gestehungskosten je nach handwerklichem Talent des künftigen Eigentümers mehr oder weniger stark reduzieren lassen. Die Eigenleistung wird von der finanzierenden Bank wie ein Einsatz von Eigenkapital gewertet, da sie den gleichen Effekt auslöst: Der Beleihungsauslauf wird reduziert.

    Doch ähnlich kritisch wie die Fähigkeit, mit Aufnahme einer Immobilienfinanzierung Monat für Monate deutlich höhere Beträge für das Immobiliendarlehen aufwenden zu können, als bisher für die Miete und eine eventuelle Sparrate erübrigt werden konnten, muss jeder Bauherr das Ausmaß der tatsächlich möglichen Eigenleistungen hinterfragen.
    Auch für weniger begabte Handwerker bieten sich immer:

    • die Malerarbeiten an,
    • aber auch die Verlegung der Fußböden,
    • der Dachausbau
    • und die Anlage der Terrasse

    gehören unter anderem zu den Gewerken, die gerne aus dem Werkvertrag übe eine schlüsselfertige Erstellung herausgenommen werden. Der Häuslebauer sollte sich allerdings sicher sein, dass er im Familien- und Freundesverbund diese Arbeiten tatsächlich leisten kann; eine nachträgliche Vergabe der entsprechenden Gewerke würde die Kosten eher nach oben treiben. Nicht vernachlässigt werden darf auch der zeitliche Aufwand: Wenn zu hohe Eigenleistungen dazu führen, dass sich der Bezug des neuen Hauses um Monate verschiebt, können je nach Höhe der bis dahin zu zahlende Miete auch Eigenleistungen kontraproduktiv sein.


    Verlust durch steigende Zinsen

    Für den Haubesitzer in spe bedeutet das, dass er den Vorteil, den er sich durch die Ansammlung von Eigenkapital mühevoll erspart, durch ansteigende Zinsen mehr als verlieren kann. Diese Anschauung lässt sich schnell an einem kleinen Beispiel verdeutlichen: Wer die Gesamtkosten von angenommenen 200.000 Euro mit einem Zinssatz von vier Prozent finanziert bekommt, zahlt insgesamt weniger Zinsen, als der Käufer, der zur Vermeidung der Vollfinanzierung den Kauf zurückstellt und erst zehn Prozent Eigenkapital anspart, dann aber aufgrund gestiegener Zinssätze viereinhalb Prozent Zinsen zahlen muss:

    Der Zinsaufwand des Kreditnehmers mit Eigenkapital läge dann bei 8.100 Euro gegenüber 8.000 Euro, die der Vollfinanzierer für ein um zehn Prozent höheres Darlehen bezahlen müsste. Der Vergleich hinkt leider ein wenig, da die Finanzinstitute sich höhere Beleihungsausläufe auch mit Zinsaufschlägen bezahlen lassen, zeigt aber dennoch, das in Zeiten steigender Zinsen die Eigenkapitalbildung zur Vermeidung hoher Belastungen aus der Immobilienfinanzierung kontraproduktiv sein kann.


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